Tage 41-48: Blog Hiatus (Dublin – Belfast)

Tja, da hat’s mich erwischt. Habe seit Dublin ein ziemliches Tief und habe mich mehr oder weniger durch die letzten Tage und Etappen gequält.

Morgen nehme ich die Fähre nach Schottland und plane noch bis Glasgow zu fahren. Von dort bzw. auf dem Weg dahin entscheide ich dann, ob und wie ich noch weiter fahre, oder ob es dann Zeit für die Heimreise wird.

Tag 40: 100k! (Dwyran)

Für heute hab ich mir was vorgenommen. Ich möchte am nächsten Tag auf die Fähre nach Dublin, aber die fährt nur zu bestimmten Zeiten. Zudem passt das mit den Zeltplätzen und den Entfernungen hier nicht so ganz. Also plane ich meine längste und Höhenmeter-reichste Etappe. Ich fahre mal wieder etwas spät los, und muss daher etwas blind an einigen Dörfern vorbeidüsen. Es gibt wieder tolle Aussichten, Strände, Burgen, Fussgänger-Ampeln-Grün-Mach-Trucki-Dinger-Für-Reiter, prähistorische Lokomotiven, mehr Burgen, Brücken, und am Ende des Tages muss ich noch anfangen, Zelt- bzw. Caravan-Plätze abzuklappern, um noch einen Schlafplatz zu finden. Hat aber alles geklappt. Und: 105 km, 1300 Höhenmeter.

Tag 39: Flieger fotografieren ist wie Fischen (Llanbedr)

Ich radle weiter durch das Walisische Mittelland, entlang kleinen Flüssen, Wäldern und vergangenen Schiefer-Tagbauten. Angekommen auf dem heutigen Hügel sehe ich ein paar Leute weiter oben sitzen und denke mir, dass man da sicher ein paar schöne Fotos von der Ebene dahinter schiessen kann. Komischerweise sassen da noch mehr Leute, und alle hatten Kameras mit fetten Zoomobjektiven dabei – wie sich rausstellte würden hier jeweils die Kampfjets Wales’ im täglichen Training durchfliegen. Die Frau von dem Fotografen, der mich darüber informierte, meinte aber, das Ganze wäre mehr wie Fischen. Und tatsächlich, die Flieger waren für zwischen 11 und 12 Uhr eingeplant, kamen aber nicht an dem Tag. Schade, sie wären anscheinend auf Augenhöhe vorbeigedonnert.

Auf der Abfahrt musste ich dann ein kleines Kuh-Date unterbrechen. Nicht ganz ohne, hatte die eine Kuhtruppe doch ein Kalb dabei. Mit dem Kuhgatter konnte ich diese Gruppe aber wegschieben und musste dabei nur aufpassen, dass sich hinter mir keine der schwarzen Kühe durchschleichen – alles nicht so einfach, wenn man gleichzeitig noch ein ungünstig beladenes Bike zwischen den Beinen hat.

Über eine weitere Brücke komme ich wieder ans Meer und der Tourismus explodiert förmlich. Hier wird als Volkssport Krabben Catch and Release gespielt. Funktioniert wie überall: Ein Korbnetz wird mit Köder bestückt und and einer Schnur gekonnt ins Wasser geworfen. Es wird gewartet, bis eine (oder mehrere) Krabben ins Korbnetz gekrabbt sind, worauf geschwind an der Schnur gezogen wird. Ist das Netz inklusive Krabbe aus dem Wasser gezogen, wird der Krabbe erst einmal erklärt, dass sie das Recht hat zu Schweigen und ja, sie könne gerne versuchen einen Anwalt anzurufen. Aus dem Plastikkübel da drüben. Am Ende des Tages, wenn es allen (insb. den Krabben) verleidet ist, werden letztere wieder zurück ins Wasser gelassen.

Leider finde ich keinen Campingplatz am Meer und nehme stattdessen vorlieb mit einem am Hügel gleich dahinter (hier geht’s quasi nahtlos von Strand zu beschaftem Hinterland über). Ist aber OK, weil auch hier oben gibt’s einen wunderschönen Sonnenuntergang.

Tag 38: Schafe im Farn, Schafe auf der Strasse, Schafe auf dem Golfplatz, Schafe überall (Machynlleth)

Die Landschaft bleibt weiter hügelig und grün, bis plötzlich überall nur noch Tannenwald zu sehen ist. Es handelt sich dabei um den Hafren Forest, durch den auch der Fluss Severn fliesst (wir erinnern uns, ich habe die Severn Brücke nach Wales genommen. Wie Wikipedia weiss, ist dies der längste Fluss der UK und mündet da, wo ich die Brücke genommen habe, in den Bristolkanal, welcher wiederum Teil der Keltischen See ist [mei, was wir heute alles lernen.])

Restaurants gibt’s hier nicht wirklich, und so strample ich die heutige Etappe unter Verpflegung von Erdnüssen und Gummibärchen. Momentan mache ich so 60km am Tag und lustigerweise (haha) hat es an jedem Tag einen recht fiesen Hügel drin. Geht für mich aber ganz gut auf so.

Schafe auf dem Golfplatz sehe ich aber doch zum ersten Mal heute. Am Green scheinen sie nicht interessiert zu sein und ich frage mich, was für ein Geräusch wohl ertönt, wenn tatsächlich mal ein Schaf nach dem Abschlag von einem Golfball getroffen wird. Mehr so ein “Tschack”, oder doch nur ein “Umpf”? Oder am Ende gar kein Geäusch, weil ausser dem Schaf ja keiner da ist, um es zu hören?

Tag 37: “Pause” im Elan Valley (Rhayader)

Ich lasse mir etwas Zeit am Morgen (naja, nichts Neues) und starte dann mit Bike ins Elan Valley. Echt erfrischend so ohne Gepäck.

Es wird schnell klar, dass sich der Ausflug bzw. der Pausentag auf jeden Fall gelohnt hat. Wiederum absolut eindrückliche Kulisse. Leider sind die Dämme (es hat mehrere) zu dieser Jahreszeit nicht voll (schon gar nicht bei der sich gerade anbhanenden Dürre) und somit bleiben mir Bilder wie diese vorenthalten. Ich wurde aber vorgewarnt, war also nicht so enttäuscht wie damals an den Vic-Falls in Afrika während der Trockenzeit.

Ganz “Pause” war der Tag dann aber doch nicht. Waren dann doch 40km und einige Höhenmeter, und gegen Ende musste ich mich (wiedermal) sputen, um noch eine Chance auf die Milan-Fütterung zu haben. Eine lokale Farm hier wurde im Laufe der Zeit zum Rotmilan Aufpeppelzentrum von Wales, nachdem die Tiere in den 80ern beinahe ausgerottet waren. Jetzt gibt es in der Region bis zu 600 von den Tieren, und werden auf der Farm täglich mit 25kg Rindfleisch gefütterter. Die Besucher verstecken sich in Unterständen, und bald schon wimmelt es am Himmel von kreisenden Wildvögeln. Ca. 100 oder 200 Vögel stürzen sich da auf die Beute? Ich weiss es nicht, bin aber beeindruckt.

Tag 36: Grün, Hügel und Schafe (Rhayader)

Es bleibt weiterhin schön hier. Also nicht nur das Wetter, sondern alles. Ich treffe mal wieder auf einen richtigen Fluss (mit fliessendem, rauschendem Wasser), fahre durch hügelige Landschaften, chrömle in einer Galerie, bestaune das viele Farn und versuche, mit den unzähligen Schafen am Strassenrand zu kommunizieren (sie ignorieren mich grösstenteils). Ganz kurz führt die Route über Waldweg, sonst eigentlich immer Strasse.

In Rhayader erwische ich einen super Zeltplatz (vom Camping und Caravaning Club). Tolle Infrastruktur, top gewartet, 12£ die Nacht. Via Webseite sehe ich, dass es hier ein spezielles Tal mit eindrücklichen Staudämmen und eine Rotmilan Fütterung gibt. Ich entscheide mich guten Gewissens, einen Pausentag einzulegen, um beides zu erkunden.

Tag 35: Wow, Wales! (Hay on Wye)

Das Höhenprofil verspricht einige Höhenmeter, also halte ich die Strecke in Grenzen. Bis jetzt bin ich ausschliesslich auf Strassen gefahren hier in Wales, weiss nicht, ob sich das noch ändert. Speziell ist auch, dass es sich dabei meistens um enge Gassen handelt, welche von 3-4 Meter hohen Hecken gesäumt sind. Die Fotos sind also fast immer von Stellen, wo eine kleine Zufahrt einen Blick auf die Umgebung erlaubt. Aber was für eine Umgebung! Wirklich wirklich schön hier. Verkehr hat es nur wenig (ist auch höchst unpraktisch auf diesen engen Strässchen), was sehr angenehm ist. Immer wieder tauchen kleine Kappellen oder alte Ruinen auf.

Das Höhenprofil hatte mich bereits vorgewarnt: Heute geht’s bergauf! War aber nicht soo schlimm, und hat sich definitiv gelohnt. Das war mit Abstand der schönste Tag der Reise bisher! Der Blick ins Tal zurück und in die Ebene hinunter waren unglaublich schön. Und auf die Schafe und Pferde hier kann man schon eifersüchtig werden, haben quasi unendlich Auslauf. Wie sie die Viecher jeweils wieder finden, weiss ich nicht.

Der Zeltplatz ist ulkig. Hier drehen Hühner, Enten und Gänse ihre Runden auf der Wiese und inspizieren alle Gäste. Da ich noch nicht gefressen worden bin, nehme ich an, dass sie mich vorerst dulden.

Tag 34: Hallo Wales! (Usk)

Der Tag Startet mit dem Railroad Track, welcher einer alten Eisenbahnlinie folgt (wieso ich die historische Dampflock nicht fotografiert habe, wissen die Götter). Ich mache Mittagsrast in Bristol und dann ist’s nicht mehr weit bis zur Severn Bridge und damit Wales. War recht eindrücklich und die Vibrationen beim Anhalten zum Fotografieren recht beunruhigend.

Jedenfalls freue ich mich riesig, in Wales zu sein. Ich habe eigentlich immer noch die Router der Eurovelo, aber eigentlich sind die Routen seit England nicht mehr als solche bezeichnet, sondern einfach die lokalen. Ich weiss nicht, ob die Eurovelo Zeichen seit Brexit entfernt worden sind, oder ob die EU Fördergelder gar nie eingesetzt worden sind, sondern direkt für Boris’ Corona-Parties drauf gegangen sind (um mal etwas politisch zu werden). Jedenfalls scheint Eurovelo der Lôn Las Cimro zu folgen, und ich fürchte mich noch immer ein wenig vor den kommenden Höhenmetern.

Der Zeltplatz jedenfalls ist toll, und fügt sich nahtlos in eine Burgruine ein.

Tag 33: Schleusen, überall Schleusen! (Bath)

Paul (mein Zimmerkumpane) und ich müssen uns etwas in Geduld üben; Wir haben unsere Bikes ins Inn genommen und müssen warten, bis die Empfangsdame eintrifft und den Eingang aufschliesst.

Der Tag bringt viele Wolken und noch mehr Wind, wird aber gegen Mittag besser. Paul legt ein angenehmes Tempo vor, macht aber noch weniger Pausen als ich. Highlight des Tages ist Caen Hill: 29 Schleusen auf 72 Meter Höhenunterschied über 3.2 Kilometer. Leider habe ich verpasst, ein Foto bergauf zu machen, aber Interessierte klicken einfach auf den Link oben. Hier helfen freiwillige den Booten durchzukommen, da es eh schon recht lange dauert um durchzukommen, und ein langsames Boot (bzw. langsame Schleusenbediener) extreme Verzögerungen bringen kann. Krass sind auch die Kanal-Brücken, wo der Kanal einfach als Brücke über einen anderen Fluss, Eisenbahngleise oder ein kleines Tal geführt wird, oder einfach ganz allgemein irgendwo oben am Hügel entlang. Da hat sich jemand echt Mühe gegeben.

Irgendwann heisst es dann aber Abschied nehmen von Paul. Wir wollen zwar beide durch Wales, er besucht aber noch Freunde irgendwo. Da er aber geschätzte 30 Kilo weniger Gepäck dabei hat als ich, hohlt er mich ja vielleicht wieder ein. Jedenfalls eine sehr ursprüngliche Verabschiedung – an einer echten Wegkreuzung (und nicht einfach sprichwörtlich). Also nicht einfach einer steigt in den Zug oder fährt mit dem Auto in eine andere Richtung, sondern so wie früher: Am Wegweiser zeigt mein Pfeil in diese Richtung, und dein Pfeil in die andere.

In Bath habe ich ein spannendes Hotel (es hat echt wenig Zeltplätze in der Umgebung) erwischt: Keine Fenster. Die Stadt selber ist ganz OK.

Tag 32: Kopfrechnen (Froxfield)

Bin quasi den ganzen Tag am Kanal. Auch hier gehts aber nicht besonders schnell. Wie die letzten Tage eigentlich immer ist entweder der Belag extrem schlecht, Gatter erschweren das Fahren, Velowege führen über Trottoirs und werden dauernd von Seitenstrassen unterbrochen usw. usf. Zusätzlich jetzt noch überwuchernde Brenesseln überall. Ist das eine national geschützte Pflanze, dass die einfach in alle Wege reinwachsen darf?

Unterwegs treffe ich einen Neuseeländer, den ich unterwegs zwei mal wieder sehe und der mir kurzerhand zu meiner Unterkunft folgt, weils nicht mehr weit ist und er (genau wie ich) keinen Zeltplatz gefunden hat. Beim Buchen eines Zimmers hier im Inn schnappt der Empfangsdame jemand via booking.com das letzte Zimmer weg. Wir entschliessen uns kurzerhand, das Zimmer zu teilen und die Rezeptionistin kann die Zimmer noch so umarrangieren, dass wir getrennte Betten haben 🙂 Sooo alleine hab ich mich dann auch wieder nicht gefühlt.